Die große Panik um Nibiru und der zum 21.12.2012 von vielen Esotherikern und Weltuntergangspropheten beschriebene Einfluß auf unsere Erde dürfte ja inzwischen verflogen sein, doch das bewahrt uns nicht vor der nächsten ´Weltuntergangs-Sau´, die wohl recht bald wieder durchs Dorf getrieben wird. Wieviel vom Wahrheitsgehalt dererlei haarsträubender Behauptungen zu halten ist, soll der nun folgende Aufsatz belegen. Dieser Aufsatz bleibt bis auf weiteres im Netz um meine Leser auf den nächsten ´Weltuntergang´ angemessen vorzubereiten ;=}
Aktuelle Anmerkung vom Nikolaustag 2012:
Inzwischen sollte sich Nibiru, sofern er sich an die gültigen Natugesetze hält, bereits im inneren Sonnensystem aufhalten und damit nach Sonne und Mond als dritthellstes Gestirn selbst am Tageshimmel sofort auffallen. In der Nacht würde dieser Planet bereits heute schon eine weltweite Massenpanik auslösen. Somit wäre also schon bewiesen, daß Nibiru, so wie von vielen beschrieben, ganz einfach nicht existiert.
Aktuelle Anmerkung vom 21.12.2012:
Nun ist es also doch passiert, und wir sind um eine Erfahrung reicher. Nibiru, ein Planet, der offenbar fast nur aus Wasser bestand, ist ziemlich pünktlich genau über Oberbayern in die Atmosphäre eingetreten und hat dort heftige Regenfälle und einen starken Temperaturanstieg ausgelöst. Jedenfalls hat es den ganzen Tag ununterbrochen gegossen und geschüttet, doch inzwischen dürfte Nibiru größtenteils am Boden angekommen sein, so daß das Schlimmste überstanden sein sollte ;=}
Aktuelle Anmerkung vom ´Tag danach´:
Es regnet immer noch... ;=}
• Was ist Nibiru?
Auf zahlreichen Webseiten kann man es nachlesen: Nibiru ist ein großer, bisher aber noch nicht offiziell bestätigter Planet, der offenbar zu unserem Sonnensystem gehört. Die Angaben über seine Größe sind sehr widersprüchlich und reichen von ´dreifacher Erdgröße´ - das wäre dann ein Planet vom Kaliber eines Uranus oder Neptun - bis zu einem Gasriesen mit vielfacher Jupitermasse. Sollte letzteres zutreffen, dann hätten wir sogar einen Braunen Zwerg vor uns.• Was sind Braune Zwerge?
Sie bilden einen eigenständigen Objekttyp mit 13 - 75 Jupitermassen, eine Art ´Mittelding´ zwischen Planet und Sonne. Große Gasplaneten mit mehrfacher Jupitermasse erzeugen in ihrem Innern durch einen fortlaufenden Schrumpfungsprozeß sehr hohe Drücke und Temperaturen, die aber noch nicht ausreichen um eine Kernfusion von Wasserstoff zu Helium zu starten. Lediglich die Fusion von Deuterium und einem Proton zu Helium-3 (ab 13 Jupitermassen) und Lithium-7 (ab 65 Jupitermassen) können im Kern eines Braunen Zwergs stattfinden. Mit Temperaturen von ganz grob um die 1.000°C leuchten Braune Zwerge bereits tiefrot, geben ihre Strahlungsenergie aber zu praktisch 100% in Form infraroter Strahlung ab. Nur in diesem Wellenlängenbereich lassen sich Braune Zwerge überhaupt aufspüren, was aber wegen der im Vergleich zu ´echten´ Sternen nur äußerst geringen Energieabgabe extrem schwierig ist. Es sind bereits etliche Braune Zwerge entdeckt worden, und man geht heute davon aus, daß es von diesem Objekttyp in unserer Milchstraße sogar sehr viele gibt. Weiterhin nimmt man an, daß auch in der näheren Umgebung unserer Sonne, sagen wir mal in bis zu 100 Lichtjahren Entfernung, noch etliche Braune Zwerge auf ihre Entdeckung warten.• Wo ist Nibiru?
Nibiru soll sich auf einer stark elliptischen Bahn einmal in 3.600 Jahren entgegen des Drehsinns der uns bekannten Planeten um die Sonne bewegen. Diese Eigenschaft nennt man in Fachkreisen ´retrograd´. Körper, die unsere Sonne auf diese Weise umkreisen, kommen durchaus vor. Bestes Beispiel ist der Komet C/2007 N3 / Lulin, dessen (allerdings hyperbolische) Bahn sogar eine bemerkenswert geringe Bahnneigung gegenüber der Ekliptik aufweist. Der mittlere Abstand Sonne-Nibiru soll 234 AE betragen. Die Angaben für den Perihel wären für unsere Interessen zwar sehr viel wichtiger, diese sind aber in den meisten Berichten widersprüchlich. Die oft zitierte Bemerkung: ´Sein Platz ist zwischen Mars und Jupiter angesiedelt´ ist einfach nur peinlich, dort befindet sich der Asteroidengürtel, und der Umlauf würde nur etwa 4,5 Jahre dauern. Vielleicht ist mit dieser Bemerkung aber auch eben diese Perihelstellung gemeint.Viel lieber wären mir exakte Angaben über die Bahnelemente so wie hier am Beispiel des Zwergplaneten Ceres, aus denen sich zu jedem Zeitpunkt die exakte Position und die scheinbare Helligkeit am Himmel errechnen läßt:
Bahnelemente des Zwergplaneten [1] Ceres Große Halbachse [AE] 2,7667916 Inklination (Bahnneigung) [°] 10,58571 Länge des aufsteigenden Knotens [°] 80,40448 Lage des Perihels [°] 72,89564 Tägliche Bewegung [°] 0,21416052 Exzentrizität 0,0794746 Mittlere Anomalie 344,54526 Slope parameter 0,12 Absolute Helligkeit [mag] 3,34
• Können wir Nibiru sehen?
Mal unterstellt, daß es Nibiru wirklich gibt und die schon genannten Bahneigenschaften halbwegs richtig sind, würde sich Nibiru nach den gültigen Naturgesetzen heute (Stand 11.11.2010) bereits innerhalb der Uranusbahn (ca. 20 AE Entfernung zur Sonne) befinden und hätte, Jupitergröße unterstellt, eine scheinbare Helligkeit von um die 3,2 Magnituden im sichtbaren Lichtspektrum. Im nahen Infrarot wäre Nibiru noch bedeutend heller. Damit wäre Nibiru bereits mit dem bloßen Auge in einer dunklen Nacht deutlich sichtbar. In einem ganz normalen Amateurteleskop wäre Nibiru dann als Scheibchen mit ca. 10" scheinbarem Durchmesser nicht mehr zu übersehen. Ein beobachtender Amateurastronom würde bei seinen nächtlichen ´Streifzügen´ mit seinem Teleskop also regelrecht über Nibiru stolpern. Im angenommenen Perihel zwischen Mars und Jupiter in ca. 3 AE Entfernung von der Sonne wäre Nibiru mit rund -6 mag und rund 2´ scheinbarem Durchmesser sogar am Tageshimmel deutlich zu sehen.Nachtrag 31.8.2012
Inzwischen sollte sich Nibiru ja deutlich innerhalb der Jupiterbahn befinden und wäre, wieder Jupitergröße unterstellt, nach Sonne und Mond bereits als dritthellstes Gestirn an unserem Himmel kaum zu übersehen. Die Weltuntergangspropheten dürften daher langsam ein Erklärungsproblem bekommen. Die beiden auffälligen ´Sterne´, die man zur Zeit hoch am Morgenhimmel bewundern kann, sind übrigens die beiden Planeten Venus und Jupiter und nicht Nibiru.
• Die Wirkung auf das Sonnensystem
... beim Periheldurchgang hätte für das gesamte Sonnensystem fatale Folgen. Ein einziger Umlauf, mehrfache Jupitermasse unterstellt, würde völlig genügen um die Bahnen aller Planeten stark zu stören. Instabile Umlaufbahnen und ein entgültiges Ende allen Lebens auf der Erde wären die sichere Folge. An der Aussage, daß ein solcher Periheldurchgang sogar periodisch alle 3.600 Jahre vorkommt, kann also etwas nicht stimmen, denn dann gäbe es uns schon lange nicht mehr.• Fazit
Die zahlreichen Berichte über Planet Nibiru werfen für einen gestandenen Amateurastronomen wie mich eine entscheidende Frage auf:- Warum ist Nibiru bisher noch von keinem Amateurastronomen entdeckt worden?
Es gibt weltweit zigtausende Amateurastronomen, die über eine Ausrüstung verfügen, mit der es möglich ist, einen 5 km großen Felsen in 300 Millionen km Entfernung sicher nachzuweisen. Selbst mit meiner kleinen Balkonsternwarte geht das ohne Probleme. Schon ein größerer Brocken von ungefähr 20 km fällt dann schon ganz schön auf, so wie hier auf der Aufnahme von NGC 7600 mit [2309] Mr. Spock. Dank der hochentwickelten Technik, die uns heute zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung steht, betreiben viele von ihnen eine regelrechte ´Asteroidenjagd´. Bereits aus wenigen astrometrischen Messungen lassen sich erstaunlich genaue, vorläufige Bahnelemente errechnen. Da sich praktisch alle Amateurastronomen über diverse Plattformen wie Foren oder Newsgroups ihren ´Kollegen´ mitteilen, wären diese vorläufigen Bahndaten in kürzester Zeit weltweit bekannt und wären auch jedem zugänglich. Im Gegensatz zu den kleinen Felsbrocken im Asteroidengürtel wäre Nibiru schon auf Grund seiner Größe eine wirklich sehr leichte Übung. Auch wenn die NASA ihr Schweigegelübde weiterhin nicht brechen sollte - für die Entdeckung von Nibiru und Bestimmung seiner genauen Bahndaten brauchen wir Amateurastronomen die NASA definitiv nicht.
Vielleicht noch eine Anmerkung zu Schluß:
Unsere Kinder und Enkel haben tatsächlich einen ganz realen Grund, sich Sorgen zu machen. Wenn ihre Eltern / Großeltern unseren Planeten weiterhin in der gewohnten, rücksichtslosen Art und Weise verschmutzen und ausplündern, und in den kommenden paar Jahren diesbezüglich nicht radikal umdenken, dann wird es für sie keinen geeigneten Lebensraum mehr geben. Ein solches Umdenken ist heute nicht einmal in Ansätzen zu erkennen und ist daher auch in Zukunft nicht zu erwarten. Der ´kostensparende´ Weltuntergang wird also durch Habgier und Ignoranz mit hoher Effizienz herbeigeführt und nicht etwa durch einen Planeten vom Schlage eines Nibiru.
Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema....